Mit spitzer Feder …

Momentan wird in der Schweiz über ein Katzen-Stopp diskutiert – ein sehr schwieriges Unterfangen, denn niemand will sich an diesem Thema die Finger verbrennen und als Katzenfeind dastehen. Es scheint in unserer Gesellschaft nicht möglich zu sein, über die negativen Aspekte und Überpopulation unserer Katzen und Hunde auf Augenhöhe zu debattieren. Davon kann ich ein Liedchen singen: Meine letztjährige Kolumne «Ich mag Hunde nicht besonders», in der ich einfach meine Meinung zu Hunden und ihren Kollateralschäden aus meiner Perspektive – notabene überspitzt und sarkastisch – geschrieben habe, stiess auf Wiederstand. Hunde- und auch Katzenfreunde verstehe da keinen Spass, geschweige Sarkasmus! Die Kommentare umfassten die Bandbreite von aggressiv, verärgert bis frech sowie bösartig und trafen des Öfteren auch unter der Gürtellinie. Ein Katzenjammer, wie Tierfreunde hier auf den Hund kommen!
In Bundesbern wissen sie es schon lange. Dort gilt die Regel: An «Tierli» kann man sich leicht die Finger verbrennen. So sind bereits mehrere parlamentarische Vorstösse bezüglich dem Katzenelend in den letzten 20 Jahren kläglich an der ersten Hürde gescheitert. Auch Esther Geisser, Präsidentin und Gründerin von Netap, sagte kürzlich im Tages-Anzeiger: «Es scheint, als hätte die Politik Angst vor dem Verlust von Wählerstimmen, wenn sie Katzenhalter Vorschriften machen.» Ich bin eine grosse Katzenliebhaberin und habe schon einigen älteren Rassenkatzen einen schönen Lebensabend ermöglicht. Dennoch sehe ich nicht gleich rot, wenn über die Katzenexplosion und allfällige Gegenmassnahmen diskutiert wird. Die Überpopulation der Katzen – wie übrigens auch der Hunde – ist ein Problem, das sich langfristig verschärfen wird. Die Diskussion ist durchaus berechtigt.
Unsere Gesellschaft ist so sensibel wie noch nie. Wir leben in einer seltsamen Zeit. Ständig regt sich jemand darüber auf, dass etwas so und so gesagt, oder eben nicht gesagt wurde. Ob nun unsensibler Sprachgebrauch gegenüber Frauen, kontaminierte Ausdrücke der neuen Rechten, eine für falsch befundene Anrede oder politische Slogans, die allergische Reaktionen auslösen – viele Menschen sind gestresst, wenn es darum geht, sprachlich nicht anzuecken. Sind wir alle zu feinnervig geworden? Mit Themen wie Hund, Katzen, SUV und zu guter Letzt Kinder, kann man nur anecken. Dabei wird man nicht bloss auf Augenhöhe kritisiert, sondern übelst beschimpft und verurteilt. Für mich ist das nicht normal. Gerade wir hier in der Schweiz, die wir in einer Demokratie leben, und uns gewohnt sind, frei unsere Meinung sagen zu dürfen, sollten doch massvoll mit Kritik umgehen können. Und in der Regel sollten wir auch eine gewisse Portion Sarkasmus und Humor vertragen können. Doch die Leute sind überempfindlich – es ist für mich das Gegenteil von Freiheit. Wir kreiden allen alles an. Sich frei zu äussern in unserem Land ist ein einziger Eiertanz. Mich nervt es, dass Menschen immer von sich selbst ausgehen und nicht mehr konsensfähig sind und fair diskutieren können. Nicht jede Person auf diesem Planeten ist eine etwas andere Version von einem selbst.
Wir müssen lernen, nicht immer gleich alles so persönlich zu nehmen, unsere Emotionen (besser) zu kontrollieren und uns nicht gleich immer angegriffen zu fühlen. Nur so gelingt es, emotionale Themen wie Hunde, Katzen und SUV nüchtern und gelassen zu diskutieren. Es wäre doch so einfach, zuerst ein- und auszuatmen, die Emotionen setzen zu lassen, am besten eine Nacht darüber zu schlafen und dann nachdenken und ruhig, gelassen und wohlbedacht mit einer gewissen Selbstreflektion seine Worte und Zeilen zu formulieren – wenn es denn überhaupt (noch) sein muss. Aber gleich aus der Hüfte zu schiessen und anderen aus dem Stand Pest und Cholera an den Hals zu wünschen, wenn sie oder er anders tickt, das bringt nun doch wirklich niemandem etwas? Wir sind doch nicht im Wilden Westen oder halten es wie die aktuelle amerikanische Regierung – oder doch?
Herzlichst,
Ihre Corinne Remund
Verlagsredaktorin